Die Deutsch-Luxemburgische Wirtschaftskonferenz hat sich am 23. Mai 2024 des Themas „Finanzierung europäischer Unternehmen: Wo geht es in Zukunft hin?“ gewidmet. Gemeinsame Gastgeber der Veranstaltung waren traditionsgemäß Carlo Thelen, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer und die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Heike Peitsch.
Ehrengäste und Sprecher der diesjährigen Konferenz waren der luxemburgische Finanzminister, Gilles Roth und der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Marcus Optendrenk.
Minister Roth betonte die intensiven und vertrauensvollen Verbindungen zwischen Deutschland und Luxemburg. Beide Länder seien Verfechter des Binnenmarktes und teilten gleiche Grundätze in der Eurogruppe und im Rat für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union (EU). In Bezug auf die EU bemängelte der Finanzminister die fehlende Dynamik in Sachen Innovation und das Übermaß an Bürokratie. Auch die stetige Suche nach Fachkräften, als Folge des demographischen Wandels, müsse in Angriff genommen werden. Gleichzeitig müssten Klimaziele erreicht und Wirtschaftswachstum ermöglicht werden. Der Finanzsektor spiele hierbei eine zentrale Rolle, um diese Ziele zu erreichen. Trotz sich ändernder geopolitischer Verhältnisse und der steigenden Bedeutung strategischer Autonomie sei es für die EU wichtig, die Anbindung an die globalen Märkte aufrechtzuerhalten.
Auch Minister Optendrenk hob hervor, dass die EU im globalen Kontext unter erheblichem Wettbewerbsdruck stehe. Die Friedensdividende sei aufgebraucht und man müsse enger zusammenrücken, um die gemeinsamen Herausforderungen zu meistern. Der Finanzminister aus NRW lobte Luxemburg für seinen Weitblick bei der Suche nach den richtigen Partnern, um die Probleme unserer Zeit anzugehen und Chancen zu nutzen. Unsere benachbarten Märkte müssten Minister Optendrenk zufolge noch besser vernetzt und die Wertschöpfungsketten besser geschützt werden, um beispielsweise gegen organisierte Kriminalität vorzugehen. Insbesondere Finanzkriminalität müsse stärker verfolgt werden, um die Rechtsstaatlichkeit besser zu schützen, denn diese sei ein wichtiger Standortvorteil der EU.
„Die EU muss ihre Stärken fördern, nicht ihre Bürokratie“, so Minister Optendrenk. Es brauche wieder mehr Vertrauen in die Selbstregulierung der Märkte, damit diese Innovation fördern und Lösungsansätze hervorbringen. Auch die Bundesrepublik habe nach wie vor eine überbordende Bürokratie und ein zu komplexes Steuerrecht. Behördenstrukturen müssten neu gedacht und mittels digitaler- und KI-gestützter Instrumente umgebaut werden. Insbesondere um den Klimawandel anzugehen, brauche es Kreativität und passende Finanzierungsinstrumente.
NRW investiere seit geraumer Zeit in den Strukturwandel der Region und der NRW Minister lud die luxemburgischen Betriebe dazu ein, diesen Transformationsprozess mitzugestalten. Bereits jetzt seien die Wirtschaftsstandorte Luxemburg und NRW mit Blick auf die gegenseitig getätigten Direktinvestitionen eng miteinander verflochten, so Carlo Thelen. Das Großherzogtum ist Hauptziel für Investitionen aus NRW und umgekehrt gehen rund die Hälfte der von Luxemburg in Deutschland getätigten Direktinvestitionen nach NRW.
In der anschließenden Diskussionsrunde vertiefte Paul Wilwertz, Head of Communication der ABBL, mit vier Expertinnen und Experten das Thema der Konferenz:
- Laurent Zahles, Mitglied des Retail Banking Clusters des Luxemburger Bankenverbands (ABBL) und Vorsitzender der Geschäftsführung der Banque Raiffeisen;
- Claudia Hoffmann, Partner, Eversheds Sutherland;
- Tobias Gansäuer, Geschäftsführer, DekaBank Deutsche Girozentrale Niederlassung Luxemburg und
- Stéphanie Damgé, Direktorin Entrepreneurship, Handelskammer Luxemburg und House of Entrepreneurship.
Einleitend wurde diskutiert, was ein deutscher Investor oder Unternehmer vom Standort Luxemburg erwarten könne. Neben einem hoch professionellen Bankenplatz mit über 26.000 Beschäftigten, gäbe es Herrn Gansäuer zufolge eine echte Mehrsprachigkeit in Luxemburg, was ein besonderer Standortvorteil sei. Auch der international anerkannte Fondsplatz sei ein Musterbeispiel für Resilienz in Krisenzeiten, der es verstehe, seine Schwerpunkte anzupassen oder neu auszurichten. Es herrsche ein konstruktiver Dialog zwischen den Unternehmen, der Politik und den Aufsichten, so Gansäuer – alle ziehen am gleichen Strang mit dem Ziel, den Standort weiterhin attraktiv zu halten und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Experten lobten besonders die ausgezeichnete politische Stabilität, welche wesentlich zur Anziehungskraft des Landes beitrage.
Zentrales Thema der Diskussionsrunde war der Bürokratie- und Regulierungswahn. Um die Wirtschaft besser zu unterstützen, müsse der Umfang der Bürokratie reduziert werden und bereits Reguliertes nicht noch überreguliert werden. Vor dem Hintergrund der viel diskutierten Problematik der Kontoeröffnungen für Unternehmen schlug Stéphanie Damgé, Direktorin des House of Entrepreneurship, die Einführung des Anrechts auf ein Basiskonto vor, nach dem Vorbild der belgischen Nachbarn. Dieses ermögliche grundlegende Transaktionen wie Geldeinzahlungen und -abhebungen oder die Beauftragung von Zahlungen. Als alternative Finanzierungsmöglichkeit für Start-ups und Unternehmen stellte Claudia Hoffmann, Partner bei Eversheds Sutherland, die Möglichkeit von Kreditfonds vor.
Als Fazit sehen die Expertinnen und Experten, dass Unternehmer immer noch zu wenig Mitspracherecht haben und die Überregulierung diesen Weg erschwere. Die Finanzierung für Unternehmen müsse auf allen Ebenen vereinfacht werden und eine EU-weite Lösung könne hier der Schlüssel zum Erfolg sein.
Die 21. Deutsch-Luxemburgische Konferenz wurde unterstützt von:
Partner: ABBL / Netzwerkpartner: AHK Debelux, IHK Trier, Business Club Luxemburg-Deutschland und Deutsch-Luxemburgische Wirtschaftsinitiative (DLWI).